Benachteiligungen und Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern

Während die Grundprinzipien des Betriebsverfassungsgesetzes die Zusammenarbeit der Betriebsparteien regeln, beziehen sich die Regelungen des § 75 BetrVG auf die Behandlung von Betriebsangehörigen. Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass Mitarbeiter nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden und Diskriminierungen unterbleiben. Sie sind daneben verpflichtet, die Persönlichkeitsrechte der Betriebsangehörigen zu schützen und zu fördern. Dies betrifft insbesondere die freie Entfaltung der Persönlichkeit.

Recht und Billigkeit – Insbesondere Benachteiligungsverbot

Die Betriebspartner sind aufgefordert, den gesetzlichen Rahmen bei ihren Handlungen einzuhalten. Sie dürfen sich nicht über zwingende gesetzliche Regelungen hinwegsetzen und müssen diesen bei ihrem betrieblichen Wirken Rechnung tragen. Eine besondere und ausdrücklich geregelte Ausprägung dieser Verpflichtung zur Wahrung von Recht und Billigkeit ist das Benachteiligungsverbot. Eine Benachteiligung aus Gründen der

  • Rasse,
  • ethnischen Herkunft,
  • Abstammung,
  • Nationalität,
  • Religion,
  • Nationalität,
  • Weltanschauung,
  • Behinderung
  • Der politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung,
  • Des Geschlechts oder sexuellen Identität
  • oder des Alters

muss unterbleiben. Daher sind der Autonomie der Betriebsparteien nicht zuletzt bei der Gestaltung von Sozialplänen Grenzen gesetzt. Insbesondere Regelungen, die an das Alter von Mitarbeitern anknüpfen, waren in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. Hierzu folgender Fall:

Anlässlich einer Betriebsstillegung schließen Arbeitgeber und Betriebsrat einen Sozialplan, der den Arbeitnehmern im Fall einer betriebsbedingten Kündigung einen Anspruch auf Abfindung vermittelt. Die Höhe der Abfindung richtet sich nach dem Alter und der Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer. Sie ist allerdings auf 75.000 Euro begrenzt. Liegt eine Benachteiligung älterer Arbeitnehmer vor?

BAG: Sozialplandeckel benachteiligen ältere Arbeitnehmer nicht automatisch

Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus § 75 Abs. 1 BetrVG könnte in der Begrenzung der Abfindungshöhe liegen. Die Deckelung des Abfindungshöchstbetrages, so eine mögliche Überlegung, betreffe in erster Linie und mittelbar ältere Arbeitnehmer. Unter diesem Blickwinkel könnten die älteren Arbeitnehmer gegenüber jüngeren benachteiligt sein.

Das Bundesarbeitsgericht sah in der Regelung aber keine Diskriminierung älterer Arbeitnehmer. Eine unmittelbare Benachteiligung sei nicht gegeben, da die Abfindung die älteren Arbeitnehmer durch die Anknüpfung an das Lebensalter sogar privilegiert. Auch eine mittelbare Benachteiligung konnte das Gericht nicht feststellen. Die Höchstgrenze der Sozialplanabfindung betreffe im Einzelfall auch jüngere Arbeitnehmer mit einer längeren Betriebszugehörigkeit. Jedenfalls ergebe sich durch die Regelung keine sachwidrige Benachteiligung, soweit jüngere Arbeitnehmer begünstigt werden. Diese Arbeitnehmer hätten vielfach andere existenzielle Probleme, insbesondere in strukturschwachen Regionen.

§ 75 BetrVG ist immer im Lichte des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu lesen. Die dortigen Rechtfertigungstatbestände für Ungleichbehandlungen sind zu übertragen. Aus diesem Grund können Benachteiligungen wegen des Alters nach § 10 S. 1 und 2 AGG gerechtfertigt sein. Nach § 10 S. 3 Ziff. 6 AGG ist auch eine Rechtfertigung von altersdifferenzierten Sozialplänen möglich.

Wichtig: § 75 BetrVG ist nicht nur ein Leitbild für das Handeln und Wirken der Betriebsparteien. Diese haben allgemein im Betrieb – auch im Verhältnis der Arbeitnehmer – auf die Einhaltung von Recht und Billigkeit hinzuwirken und bei Zuwiderhandlungen zu intervenieren.

Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer

Die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter sind rechtlich nicht nur über § 75 Abs. 2 BetrVG abgesichert. Es handelt sich hierbei um eine Rechtsposition von Verfassungsrang, die insbesondere auch im Betrieb als beruflichem Mittelpunkt und dem Ort sozialer Begegnungen zu verwirklichen ist. Das Bundesarbeitsgericht spricht in diesem Kontext bei den Mitarbeitern von „Grundrechtsträgern“. Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit im Betrieb zu schützen und zu fördern. Dies schließt die Förderung der Selbständigkeit und der Eigeninitiative der Mitarbeiter ein.

§ 75 Abs. 2 BetrVG statuiert für die Betriebspartner daher einerseits den Auftrag, die Entfaltung der Persönlichkeit der Mitarbeiter zu unterstützen und in diesem Sinne auf betrieblicher Ebene zusammenzuwirken. Auf der anderen Seite setzt es der Regelungsautonomie Grenzen und zwingt Arbeitgeber und Betriebsrat zur Beachtung der Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer. Im Bereich der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG hat der Betriebsrat ganz besonders darüber zu wachen, dass Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden. Der einzelne Mitarbeiter darf nicht zum bloßen Objekt der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung gemacht werden. Sofern datenschutzrechtliche Belange von Mitarbeitern berührt werden, muss unter Berücksichtigung des sachlichen Grundes stets der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt sein.

Die Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter können durch vielfältige Formen und Handlungen betroffen sein. Beispielsweise werden durch die Einführung neuer Hard- und Software regelmäßig die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter berührt. Einer besonderen Rechtfertigung bedürfen Überwachungsmaßnahmen. Die permanente Überwachung von Mitarbeitern ist aufgrund des damit einhergehenden Anpassungs- und Überwachungsdrucks nur unter strengen Voraussetzungen zulässig.

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