Basiswissen zum Wirtschaftsausschuss

Der Wirtschaftsausschuss ist sozusagen der „verlängerte Arm“ des Betriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Als unselbständiges Organ hat er gegenüber dem Arbeitgeber Informations- und Beratungsrechte. Der Arbeitgeber muss den Ausschuss in wirtschaftlichen Angelegenheiten und bei der Unternehmensplanung unter Vorlage von Unterlagen über die Entwicklung des Unternehmens auf dem Laufenden halten. Für die Arbeitnehmervertretung ist der Wirtschaftsausschuss damit ein wichtiger Kanal für wirtschaftliche Signale der Arbeitgeberseite. In einem frühen Stadium können Betriebsrat und der Ausschuss damit auf die Planung des Unternehmens Einfluss nehmen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Grundlagen zum Wirtschaftsausschuss
  2. Informations- und Beratungsrechte
  3. Der Wirtschaftsausschuss ist umfassend zu unterrichten
  4. Vorlage von erforderlichen Unterlagen
  5. Organisation und Geschäftsführung
  6. Wirtschaftsausschuss als Hilfsorgan des Betriebsrats
  7. Wirtschaftsausschuss muss Rechte des Betriebsrats kennen

Grundlagen zum Wirtschaftsausschuss

In den §§ 106 ff. BetrVG ist der Wirtschaftsausschuss geregelt. Ein solcher Ausschuss ist in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig Beschäftigten zu errichten. Leiharbeitnehmer sind bei der Bestimmung der Zahl der Beschäftigten mitzuzählen. Der Wirtschaftsausschuss ist ein Hilfsorgan des Betriebsrats. Als Bindeglied zwischen Unternehmen und Betriebsrat hat der Wirtschaftsausschuss den Betriebsrat über wirtschaftliche Angelegenheiten zu unterrichten. Der Ausschuss fördert damit die Zusammenarbeit zwischen den Betriebsparteien in den genannten Bereichen.

Der Wirtschaftsausschuss wird für ein ganzes Unternehmen eingerichtet. Die Bestellung erfolgt durch den Betriebsrat oder, wenn mehrere Betriebsräte im Unternehmen bestehen, durch den Gesamtbetriebsrat. Der Wirtschaftsausschuss besteht aus mindestens 3 und höchstens 7 Mitgliedern, die dem Unternehmen angehören. Ein Mitglied muss allerdings einem Betriebsrat angehören. Die Mitglieder müssen persönlich und fachlich geeignet sein, die mit der Zugehörigkeit zum Wirtschaftsausschuss verbundenen Aufgaben zu erfüllen. Von einer fachlichen Eignung ist nur auszugehen, wenn die Mitglieder in der Lage sind, die Informationen des Arbeitgebers zu verstehen. Der Betriebsrat kann in wirtschaftlichen Angelegenheiten grundsätzlich nicht die Unterstützung von Sachverständigen heranziehen. Die Rechtsprechung geht insofern davon aus, dass die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses über den erforderlichen Sachverstand verfügen. Dafür hat der (Gesamt-)Betriebsrat durch eine besonnene Berufung der Mitglieder Sorge zu tragen.

Der Ausschuss soll einmal im Monat zusammenkommen. An den Sitzungen hat der Unternehmer oder dessen Vertreter teilzunehmen. Die Kosten des Wirtschaftsausschusses sind vom Unternehmen zu tragen. Insofern gelten §§ 40 Abs. 1 und 2 BetrVG entsprechend. Der Ausschuss kann nach § 108 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 80 Abs. 3 BetrVG die Unterstützung von Sachverständigen heranziehen.

Informations- und Beratungsrechte des Wirtschaftsausschusses

Dem Wirtschaftsgremium stehen gegenüber dem Unternehmen Informations- und Beratungsrechte zu. Das Unternehmen hat den Ausschuss rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten. Außerdem muss das Unternehmen die sich aus der unternehmerischen Planung ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darlegen. Die Information des Wirtschaftsausschusses ist damit die Vorstufe des sich daran anschließenden Beratungsrechts. Nur wenn der Ausschuss die notwendigen Informationen erhält, kann eine Beratung entsprechend dem Willen des Gesetzgebers erfolgen.

Die Unterrichtung ist nur dann rechtzeitig, wenn auf die wirtschaftlichen Belange des Unternehmens noch Einfluss genommen werden kann. Sie muss in jedem Fall vor der unternehmerischen Entscheidung erfolgen, damit noch die Möglichkeit besteht, in die Willensbildung des Unternehmens einzugreifen. Eine rechtzeitige Unterrichtung setzt daher die Unterrichtung in der Phase der Planung voraus. Nur die Beteiligung des Wirtschaftsausschusses in diesem Stadium stellt sicher, dass der Wirtschaftsausschuss und der Betriebsrat nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Bisweilen schenken Unternehmen dem Anspruch auf rechtzeitige Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten leider keine oder nur wenig Beachtung. Wir haben es relativ häufig mit Fällen zu tun, bei denen der Arbeitgeber Maßnahmen bis zum Ende in allen Einzelheiten durchplant. Umso wichtiger ist deshalb eine gute Organisation des Wirtschaftsausschusses, die zu Erkenntnissen hinsichtlich der Unternehmensplanung führt. Nur auf diese Weise können Beteiligungsrechte von Wirtschaftsausschuss und Betriebsrat gesichert werden.

Der Wirtschaftsausschuss ist umfassend zu unterrichten

Der Wirtschaftsausschuss ist nicht nur rechtzeitig, sondern auch umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten zu unterrichten. Eine umfassende Unterrichtung setzt voraus, dass der Betriebsrat mit dem Unternehmen die wirtschaftlichen Themen inhaltlich gleichgewichtig beraten kann. Das Gesetz verlangt Informationsparität zwischen dem Wirtschaftsausschuss und dem Unternehmen. Das Unternehmen muss deshalb alle Informationen hinsichtlich einer avisierten Maßnahmen übermitteln und mit dem Ausschuss hierüber beraten. Zu einer umfassenden Unterrichtung gehört außerdem die Mitteilung der Vorüberlegungen und der Gründe einer entsprechenden Maßnahme. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei der Information um eine sog. Insiderinformation handelt. Dem Wirtschaftsausschuss sind darüber hinaus auch die bekannten möglichen Auswirkungen auf die Personalplanung bekanntzumachen.

Die Themen, die das Unternehmen mit dem Wirtschaftsausschuss erörtern muss, sind vielfältig. In § 106 Abs. 3 BetrVG gibt es eine beispielhafte Aufzählung der zu beratenden wirtschaftlichen Angelegenheiten, die nicht abschließend ist. Hierbei handelt es sich insbesondere um

  • die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens (Nr. 1),
  • die Produktions- und Absatzlage (Nr. 2),
  • das Produktions- und Investitionsprogramm (Nr. 3),
  • Rationalisierungsvorhaben (Nr. 4),
  • die Einschränkung oder Stilllegung von Betrieben oder Betriebsteilen (Nr. 6),
  • den Zusammenschluss oder die Spaltung von Unternehmen oder Betrieben (Nr. 8),
  • die Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks (Nr. 9) oder
  • die Übernahme des Unternehmens, wenn hiermit der Erwerb der Kontrolle verbunden ist (Nr. 9a).

§ 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG enthält eine Art Generalklausel. Danach gehören zu den wirtschaftlichen Angelegenheiten alle sonstigen Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren. Darunter fällt etwa ein Betriebsübergang nach § 613a BGB. Die Rechtsprechung gesteht dem Wirtschaftsausschuss darüber hinaus einen Unterrichtungsanspruch hinsichtlich der unternehmerischen Gesamtplanung zu.

Vorlage von erforderlichen Unterlagen

Die rechtzeitige und umfassende Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses erfolgt unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen. Der Ausschuss muss imstande sein, die Behauptungen des Unternehmens zu prüfen und sich selbst ein Bild über wirtschaftliche Angelegenheiten des Unternehmens zu verschaffen. Nach dem Willen des Gesetzgebers muss das Unternehmen den Wirtschaftsausschuss unaufgefordert alle relevanten Unterlagen vorlegen. Die gelebte Wirklichkeit in den Unternehmen sieht allerdings anders aus. Die Arbeitgeberseite legt die benötigten Unterlagen in der Regel erst dann vor, wenn die unternehmerische Planung abgeschlossen ist. Dadurch wird im Planungsprozess eine beratende Intervention von Wirtschaftsausschuss und Betriebsrats vermieden. Dies stellt zwar gemäß § 121 BetrVG eine Ordnungswidrigkeit dar. Das Risiko ist für Unternehmen in Anbetracht einer maximalen Geldbuße von 10.000 Euro aber kalkulierbar.

Das Unternehmen muss die erforderlichen Unterlagen nach dem Wortlaut des Gesetzes vorlegen. Zu einer dauerhaften Überlassung von Unterlagen ist das Unternehmen damit grundsätzlich nicht verpflichtet. Dies gilt gleichermaßen für Originale wie auch für Kopien. Bei komplexen Sachverhalten allerdings muss dem Wirtschaftsausschuss vor der Sitzung mit dem Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, die Inhalte zu erfassen. Damit ist das Unternehmen letztlich doch zur Übergabe von Kopien verpflichtet, wenn ansonsten eine Beratung in der Sitzung nicht möglich wäre. Ungeachtet dessen können sich die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses Notizen machen.

Das Unternehmen kann die Vorlage von Unterlagen nur dann verweigern, wenn die Übergabe zu einer Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen führen würde. Dies wird aber nur in sehr seltenen Fällen angenommen werden können. Der Wirtschaftsausschuss ist wie der Betriebsrat nach § 79 Abs. 2 BetrVG zur Geheimhaltung verpflichtet. Diese gilt nur nicht im Verhältnis zum Betriebsrat, was Sinn macht. Schließlich muss der Ausschuss dem Betriebsrat über die wirtschaftlichen Angelegenheiten berichten. Bei unbegründeter Zurückhaltung von Unterlagen sind ein Bußgeld nach § 121 BetrVG oder ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG möglich.

Organisation und Geschäftsführung

Wie bereits dargelegt, ist die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses durch den Unternehmen nur dann rechtzeitig, wenn die Übermittlung von Informationen noch in der Planungsphase erfolgt. Ebenso deutlich ist aber die Erkenntnis, dass Unternehmen die Planung in der Realität oft ohne den Wirtschaftsausschuss durchführen und abschließen. In der Folge wird der Betriebsrat mit einer endgültigen unternehmerischen Entscheidung konfrontiert, die er wegen der grundgesetzlich geschützten unternehmerischen Freiheit hinzunehmen hat. Seine Beteiligungsrechte beschränken sich im Fall einer Betriebsänderung sodann auf den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan. Der Betriebsrat ist dann in der Funktion einer „Feuerwehr“ und versucht, nach Kräften die Nachteile für die Belegschaft durch die Maßnahme in Grenzen zu halten.

In einer solchen Chronologie werden erhebliche Beteiligungspotenziale verschenkt. Der Wirtschaftsausschuss hat das Recht, vom Unternehmen über die unternehmerische Gesamtplanung informiert zu werden. Das Unternehmen ist verpflichtet, die Planung mit dem Wirtschaftsausschuss zu beraten. Er muss sich aber selbständig darum kümmern, in der Planungsphase Gehör zu finden. Das indes gelingt nur mit einer funktionierenden Organisation der Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses. Empfehlenswert ist die Aufstellung einer Jahresplanung, in der zum einen festgelegt wird, wann von dem Unternehmen welche Unterlagen verlangt werden. Diese müssen sodann vor der Beratung mit dem Arbeitgeber gesichtet und interpretiert werden. Zum anderen muss der Ausschuss sicherstellen, an der Gesamtplanung des Unternehmens beteiligt zu werden. Hierfür ist die Vorlage anderer Unterlagen erforderlich, da sich die unternehmerische Planung nicht aus dem Jahresabschluss, den Quartals- oder Monatsberichten ergibt. In der Regel verfügt das Controlling über die entsprechenden Informationen. Dort wird die einzelne Planung im Detail erfasst.

Hilfsorgan des Betriebsrats

Als Hilfsorgan ist der Wirtschaftsausschuss seinerseits verpflichtet, den Betriebsrat über die ihm zugetragenen wirtschaftlichen Themen zu unterrichten, § 106 Abs. 1 S. 2 BetrVG. Aufgrund der rechtlichen Unselbständigkeit hat der Wirtschaftsausschuss nicht die gleichen Rechte wie der Betriebsrat. Einige Vorschriften finden aber auch auf den Ausschuss direkt oder analog Anwendung, so z.B.

  • die Schutzbestimmungen des § 78 BetrVG,
  • die Bestimmungen zum Ehrenamt und zur Vergütung des Betriebsrats, § 37 Abs. 1 – 3 BetrVG.

Dagegen haben die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses keinen Anspruch auf Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen gemäß § 37 Abs. 7 BetrVG. Ein Anspruch auf Schulung kann aber nach § 37 Abs. 6 BetrVG bestehen. Auch der Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG findet auf sie keine Anwendung.

Die relative Unselbständigkeit kommt auch bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Unternehmen zum Ausdruck. Ein ggf. erforderlich werdendes Einigungs- oder Beschlussverfahren kann nur von dem Betriebsrat eingeleitet werden. Dies ist z.B. dann erforderlich, wenn das Unternehmen Unterlagen in wirtschaftlichen Angelegenheiten vorenthält und der Wirtschaftsausschuss den Betriebsrat aus diesem Grund nicht umfassend unterrichten kann.

Wirtschaftsausschuss muss Rechte des Betriebsrats kennen

Der Wirtschaftsausschuss ist der „verlängerte Arm“ des Betriebsrats in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Unterrichtung und Beratung von wirtschaftlichen Angelegenheiten soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, in einer frühen Phase der Planung seine Ansichten, Ziele und Bedenken an den Unternehmer zu adressieren. Diesbezüglich fungiert der Wirtschaftsausschuss deshalb als Schnittstelle und Sprachrohr, dem die betriebspolitischen Ziele des Betriebsrats bekannt sein müssen. Auf der anderen Seite kann der Betriebsrat auf Grundlage der Information des Ausschusses eigene Beteiligungsrechte bereits in der Planungsphase beim Unternehmen anbringen und diskutieren. Die Kenntnis dieser Rechte ist für den Wirtschaftsausschuss daher unabkömmlich. Er muss seine Arbeit im Kontext folgender beispielhafter Rechte des Betriebsrats sehen und ihn dementsprechend unterrichten:

  • Planung nach § 90 BetrVG (u.a. Neu-, Umbau- und Erweiterungsbauten)
  • Personalplanung nach § 92 BetrVG
  • Beschäftigungssicherung nach § 92a BetrVG
  • Maßnahmen zur Berufsbildung, § 97 BetrVG
  • Betriebsänderung, § 111 BetrVG

Daneben ist auch denkbar, dass die Planungen des Unternehmens die Mitbestimmung des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten berühren.

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